Wann Sie die Kosten für einen Sachverständigen selbst tragen müssen



WISSEN

So eindeutig wie es manchmal aussieht, ist es letzten Endes nicht

Nicht, dass wir Kunden mit diesem Beitrag unnötig verunsichern möchten, aber in der täglichen Praxis tauchen immer wieder Umstände auf, die auf den ersten Blick relativ klar und sich bei näherer Analyse als weniger eindeutig herausstellen.

Die Kosten eines Sachverständigen können im Streitfall schnell mehrere hundert bis tausend Euro betragen. Umso wichtiger ist es zu wissen, wann diese Kosten vom Gegner und wann von Ihnen selbst zu tragen sind. Grundsätzlich gilt: Sachverständigenkosten gehören zu den Prozesskosten und werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Es gibt jedoch Situationen, in denen die Kosten teilen oder sogar vollständig selbst tragen müssen.

Wenn der Sachverständige keine eindeutige Klärung bringen kann

In manchen Fällen kann ein Sachverständiger zwar beauftragt werden, aber dennoch keine Klarheit schaffen.
Dann kann es passieren, dass Sie – je nach Prozessausgang – mindestens auf einem Teil der Kosten sitzen bleiben.
Festzuhalten ist, dass der Beauftragende des Sachverständigen durch seine Unterschrift einen Werkvertrag abschließt und daher für dessen Honorarforderung aufzukommen hat.

Beispiel 1: Fahrerflucht nach einem beobachteten Unfall

Ein Zeuge beobachtet, wie ein Fahrzeugführer Fahrerflucht begeht. Er glaubt, das Kennzeichen oder den Fahrer erkannt zu haben. Zur Überprüfung, ob es sich wirklich um das fragliche Fahrzeug handelt, wird die Polizei zur Beweissicherung hinzugezogen.
In diesem Fall handelte es sich um einen Linienbus, der üblicher Weise in dieser Region, mit Werbung foliert war.
Bei der Besichtigung durch die Beamten war die Folie auf dem vermeintlich verursachenden Bus nicht mehr vorhanden und unfallbedingte Spuren an der Front nicht eindeutig dem beschädigten Fahrzeug zuzuordnen.

Fazit:

Kann der Zeuge nun nicht mit 100% Sicherheit bezeugen, dass der beobachtete Linienbus tatsächlich der Verursacher war, bleibt der entscheidende Beweis aus.
Folge: Da der Kläger die Beweislast trägt, verliert er den Prozess – und damit muss er die Sachverständigenkosten selbst übernehmen.

Wenn das Gericht eine Teilschuld feststellt

Es gibt Konstellationen, in denen der Unfallhergang auch mit Sachverständigengutachten nicht zweifelsfrei geklärt werden kann.
Das Gericht kann dann eine sogenannte Quotelung vornehmen.
In der Folge werden den Beteiligten dann prozentual Schuldanteile zugesprochen.

Beispiel 2: Unfall an einer Ampel – beide behaupten, Grün gehabt zu haben

Kommt es zu einem Zusammenstoß an einer Lichtzeichenanlage und beide Parteien behaupten glaubhaft, Grün gehabt zu haben, kann selbst ein Sachverständiger manchmal nicht rekonstruieren, wer tatsächlich bei Rot gefahren ist.
Wenn das Gericht keine sichere Klärung herbeiführen kann, wird häufig eine Teilschuld von 50/50 ausgesprochen.
Folge: Beide Parteien tragen die Sachverständigenkosten entsprechend ihrem Verschuldensanteil – in diesem Beispiel also jeweils die Hälfte.

Beispiel 3: Wendemanöver auf einer Hauptstraße

Ein Verkehrsunfall auf einer Hauptstraße beschäftigte jüngst ein Zivilgericht: Ein Fahrzeugführer wollte auf der durchgehenden Fahrbahn ein Wendemanöver einleiten. Gleichzeitig setzte ein nachfolgender Fahrer zum Überholen an. Die beiden Fahrbewegungen trafen unglücklich aufeinander – es kam zur Kollision.

Der überholende Fahrzeugführer stellte den Sachverhalt zunächst anders dar und behauptete, dass das vorausfahrende Fahrzeug zunächst abbiegen haben wollen und dieses dann unvermittelt mit seinem Fahrzeug vorne rechts kollidierte.

Diese Aussage stellte sich durch die Aussage des vermeintlichen Unfallverursachers als falsch heraus.

Dieser wollte wenden und hatte seine Geschwindigkeit reduziert, ohne jedoch mit Lichtzeichen auf sein Vorhaben aufmerksam zu machen.

Im Verfahren standen sich zwei typische Argumentationslinien gegenüber:

Der wendende Fahrer hätte sich umfassend vergewissern müssen, dass der nachfolgende Verkehr frei ist. Das Gesetz stellt an Wendemanöver hohe Sorgfaltspflichten, da sie zu den besonders gefährlichen Fahrmanövern zählen. Andererseits betonte der Überholende, dass er beim Ausscheren darauf vertrauen durfte, dass vorausfahrende Fahrzeuge auf der Hauptstraße ihre Spur beibehalten und keine überraschenden Richtungsänderungen vornehmen.

Das Gericht sah letztlich ein beiderseitiges Fehlverhalten. Der Wendende habe seine Rückschaupflicht verletzt, während der Überholende die Verkehrssituation nicht ausreichend eingeschätzt habe und das Überholen an dieser Stelle als riskant einzustufen sei. Die Richter entschieden daher auf eine Haftungsverteilung von 50 zu 50 Prozent.

Der Fall zeigt exemplarisch, wie komplex die Abwägung zwischen besonderen Sorgfaltspflichten beim Wenden und den allgemeinen Anforderungen an Überholvorgänge sein kann – und dass im Straßenverkehr oft mehrere Fehler zugleich zu einer gefährlichen Situation führen.

Folglich blieb der Anspruchsteller und Beauftragende des Sachverständigen auf den Kosten hälftig „sitzen“, da die gegnerische Versicherung hier nur 50% des Gesamtschadens, inklusive der Sachverständigenkosten, übernimmt.

Fazit

Die Kosten eines Sachverständigen tragen Sie immer dann selbst oder anteilig, wenn:

  • Sie den Prozess verlieren, weil der erforderliche Beweis nicht geführt werden konnte.

  • Das Gericht zu einer Teilschuld kommt und die Kosten entsprechend aufteilt.

  • Das Gutachten nicht zur Klärung beiträgt, aber dennoch zur Beweisaufnahme notwendig war.

Ein frühzeitiges Beratungsgespräch – beispielsweise mit einem Anwalt oder der Rechtsschutzversicherung – hilft, die Risiken einzuschätzen und unnötige Kosten zu vermeiden.

Ganz wichtig:

Seien Sie ehrlich, erfinden Sie keine Geschichten, lassen Sie wichtige Details nicht weg und vor allen Dingen bleiben Sie sachlich statt emotional zu werden. Hört sich mit Abstand und unbeteiligt immer leicht an aber die Erfahrung aus tausenden Sachverständigengutachten hat uns gelehrt, dass schon geringste Zweifel und Halbwahrheiten am Ende eher noch zum Nachteil des Anspruchstellers führen können.

Wir beraten Sie im Vorfeld auch hier kompetent und seriös, um Sie vor bösen Überraschungen zu schützen!